28. Juli 2011

Interaktives Schaufenster 2.0

Erneut ein interaktives Schaufenster? Wie viele dieser publikumswirksamen Exponate mögen noch das Licht der Öffentlichkeit erblicken, bis sich eine solche Technik in den Fußgängerzonen etabliert? In der nun vorgestellten Variante dienen die Mobiltelefone der Passanten nicht nur als Fernbedienung für Leuchten und Lichtinstallationen innerhalb des Schaufensters. Ein Ansatz der Zukunft haben könnte.

[Bild: Remagen Licht/ Martina Goyert]

[Bild: Remagen Licht/ Martina Goyert]

[Bild: Remagen Licht/ Martina Goyert]

[Bild: Remagen Licht/ Martina Goyert]

[Bild: Remagen Licht/ Martina Goyert]

[Bild: Remagen Licht/ Martina Goyert]

[Bild: Remagen Licht/ Martina Goyert]

Überlegungen rund um das Schaufenster beschäftigten auch den Initiator der aktuellen  Installation, welche er in einem Beleuchtungsfachgeschäft installierte. Antonius Quodt, kreativer Kopf und Geschäftsführer der LightLife Gesellschaft für audiovisuelle Erlebnisse mbH in Köln, realisierte mit seinem Team das erste interaktive Fenster der LightLife bereits vor zehn Jahren (2001), ebenfalls im Beleuchtungshaus Remagen.



Heute beherrschen Begriffe wie Digital Signage die Fußgängerzonen, also die aktive oder auch interaktive Darstellung von Bild- oder Videoinhalten auf Bildschirmen. Eine Technik die innerhalb eines einzelnen Schaufensters nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Für die Kundengewinnung eher hinderlich sind insbesondere „Eigenproduktionen“, also Monitorinstallationen ohne professionelle Betreuung. Ein Computer und ein großer Fernseher sind zwar schnell und preiswert aufgebaut, aber nächtliche visuelle Anfragen nach einem Betriebssystem- oder Antivirenupdate wirken nicht sehr professionell. Weiterhin lohnen sich Überlegungen zu Layout und Bildinhalten. Die Technologie des In-Store-Entertainments zeigt nur im größeren Maßstab und bei professioneller Betreuung die gewünschte Begeisterung beim Kunden.

Das Themenfeld der interaktiven Schaufenster in Fußgängerzonen eröffnet unterschiedliche Perspektiven. In aller Regel wird ein großes Schaufenster zum Ort des Geschehens. Ausgestattet mit einer Sensorik, welche auf die begehbaren Flächen vor dem Schaufenster ausgerichtet sind, werden von vorbeigehenden Passanten ausgelöst womit die jeweilige Inszenierung startet. Über Tracking-Systeme lassen sich die Betrachter gar in Echtzeit erfassen, was deutliche ansprechendere Umsetzungen erlaubt weil die jeweilige Bewegungsrichtung oder Gestik der Zuschauer ausgewertet werden kann.

Schutz der Privatsphäre
Den entscheidenden Nachteil der großflächigen Installationen beschreibt der Umstand, daß sich meistens mindestens eine Person in aller Öffentlichkeit zum Probanden machen muß um die unsichtbaren Sensoren zu aktivieren. Für die Betreiber eines Ladenlokals ist oft der recht hohe Anschaffungspreis für tageslichtfähige Videoprojektoren, die erforderliche Sensorik, sowie die Produktionskosten für die jeweilige temporäre Inszenierung ein Hindernis. Weiterhin handelt es sich bei den meisten Menschen in einer Fußgängerzone in der Regel nicht um Exhibitionisten. Greifen wir zur Verdeutlichung zu einem plakativen Beispiel: Interessiert man sich für Dessousmode, dann ist ein  interaktives Schaufenster konventioneller Bauart sicherlich nicht der beste Ort. Gleiches gilt für sensible Bereiche wie Apotheken, Arztpraxen oder beim Handel mit Immobilien.

Der persönliche Nutzen
Dennoch müßte mit einem durchschnittlichen Schaufenster doch mehr möglich sein als die schlichte Warenauslage? Erforderlich ist ein preiswertes und System, welches den Kunden bisher nicht gekannte Vorteile bietet. Der durchschnittliche Kunde liebt es bequem und einfach, Serviceorientiert und natürlich preiswert. Ein zukünftig erfolgreiches interaktives Schaufenster muß den Kunden mehr bieten, als nur Photos, Videos oder Produktinformationen. Hier könnten spezielle Funktions- und Serviceangebote wie ein VIP-Service oder spezielle Rabatte zum Erfolg beitragen. Ebenfalls hilfreich dürfte die bessere Erkennbarkeit von kleinteiligen Exponaten sein. So lassen sich filigrane Schmuckstücke bei einem Juwelier auf einem Handydisplay deutlich detaillierter darstellen, als es die schlichte Ansicht durch eine gesicherte Schaufensterscheibe ermöglicht.

Kommunikation über Smartphones und QR-Codes
In den letzten Jahren haben sich zahlreiche neue technische Möglichkeiten etabliert, also höchste Zeit um einen neuen Versuch zu starten. Speziell im Feld der mobilen Kommunikation hat es gewaltige Fortschritte gegeben. Smartphones gehören inzwischen zum Alltag und bieten in Kombination mit zum Beispiel den weltweit frei verfügbaren QR-Codes zahlreiche Möglichkeiten zur Kundenkommunikation. Weiterhin ist anzunehmen, daß es nicht mehr viel Zeit in Anspruch nehmen wird bis ein Großteil der Bevölkerung via Flatrate ständig „Online“ ist, also über das Mobiltelefon jederzeit Zugang zum Internet hat. Bekräftigt wird diese Annahme auch durch eine aktuelle Studie der Fachhochschule Schmalkalden (siehe Nutzung und Akzeptanz von Quick Response (QR)-Codes in Deutschland) aus dem Mai diesen Jahres.

Ein Mobiltelefon führen die meisten Menschen immer mit sich, was liegt also näher als die zukünftige Kommunikation mit Schaufenstern genau über diese Geräte zu realisieren? Die Frage nach einem universellen Eingabemedium für Schaufensteraktivitäten ist somit bereits beantwortet. Jede erdenkliche Zielgruppe kann nun über das Smartphone-Display, und somit auch vor neugierigen Blicken geschützt, die individuellen Interessen verfolgen.

Das „Interaktive Schaufenster 2.0“ bei Remagen Licht
Das Beleuchtungshaus Remagen gehört mit seiner weit über 100jährigen Firmengeschichte zu den renommiertesten Handelshäusern der Kölner Innenstadt. Selbstverständlich werden ausgewählte Leuchten und hochwertige Lichtobjekte im Schaufenster präsentiert. Für die Betrachter eine prächtige Schaufensterfront, in der alle Leuchten mit voller Leistung um Beachtung strahlen. Für Heinrich Remagen, Geschäftsführer des Lichthauses, auch mit der Konsequenz entsprechende Energiekosten zu kalkulieren.

Möchte man als Kunde die Lichtwirkung einer einzelnen Leuchte beurteilen, blieb dieser Wunsch in der Vergangenheit unerfüllt, da alle übrigen Ausstellungsstücke ebenfalls eingeschaltet waren. Weiterhin waren sinnvolle Zusatzinformationen stellenweise schwer ersichtlich. So zum Beispiel die Angabe von  Preisen, Gestaltungsvarianten wie Größen oder Farben, die neben den ausgestellten Objekten noch lieferbar sind.

Auch ein Hinweis, daß Remagen Licht neben dem Handel mit Leuchten, eine starke Kompetenz im Bereich der Beleuchtungsplanung bietet fiel den Betrachten nicht immer direkt ins Auge. Seit Inbetriebnahme des „Schaufenster 2.0“ wird nicht nur auf eine sinnvolle Lichtplanung aufmerksam gemacht, über die Mobilgeräte der Kunden können sich diese auch sofort über bereits von Remagen Licht realisierte Referenzprojekte informieren.

Von außen betrachtet zeigt sich den Passanten seit Mitte Juni nun ein dynamisches Schaufenster, mit zehn Exponaten. Jedes der Ausstellungsstücke ist durch eine separate Beschilderung im Schaufenster mit einem QR-Code gekennzeichnet. Über die Systemsoftware welche auch die Telefonaktivitäten der Passanten verwaltet, werden die Leuchten nacheinander harmonisch auf- und abgedimmt. Dieses Standardprogramm aktiviert sich nach 30 Sekunden selbstständig, falls sich gerade kein Passant vor dem Fenster befindet.

Durch diese Maßnahme ist ein Schaufenster entstanden, welches sich deutlich lebhafter zeigt als ein statisches Fenster in dem einfach alle Leuchten eingeschaltet sind. Von den zehn auf der Ausstellungsfläche präsentierten Leuchten, erstrahlen maximal zwei Lichtobjekte zeitgleich in voller Helligkeit. So wirkt das Fenster für die Betrachter nicht nur deutlich lebhafter, auch der Energiebedarf ließ sich durch die eingebrachten Regelkreise um 80% senken.

Passanten führen Lichtregie
Bei Remagen haben interessierte Kunden nun zusätzlich die Möglichkeit einzelne Leuchten Ein- und Auszuschalten oder zu dimmen. Selbst die, wegen der hohen Anzahl der Steuerkanäle recht kompliziert zu bedienende RGB- LED-Technik lässt sich einfach über ein W-LAN-fähigen Mobilgerät steuern.

Um diese Möglichkeiten zu nutzen müssen sich die Passanten zunächst in das von Remagen zur Verfügung gestellte W-LAN-Netz einwählen, welches rund um das Schaufenster zur Verfügung steht. Dieses Procedere ist recht simple und jedem Nutzer eines Smartphones geläufig. Einfach in den W-LAN/WiFi-Netzeinstellungen das Netz „Remagen 2.0“ wählen, und der Zugang ist hergestellt.

Auf Passwörter und ähnliche Eingaben wurde vollständig verzichtet, da es sich um ein selbstgeneriertes und somit sicheres Netz handelt, ohne Anbindung an das Internet. Damit ist der Zugang für alle Interessenten immer kostenlos verfügbar. Dies gilt speziell für die Kosten der Netzanbindung, insbesondere beim Download von Bilddateien und Videofilmen, wenn sich jemand bereits realisierte Projektbeispiele anschauen möchte.

Um nun einzelne Leuchten zu steuern, reicht es einen der am Fenster angebrachten QR-Codes mit dem Telefon einzulesen. Nach dem erkennen des Codes öffnet sich die entsprechende Produktseite auf dem Telefondisplay, natürlich mit den jeweiligen Symbolen um die Leuchten zu schalten oder in der Helligkeit zu regeln. Weiterhin werden Produktdetails wie Preise und Varianten angezeigt, oder ein Prospekt zum Download angeboten.

Grundsätzlich basiert die Anzeige im Display auf einem einfachen CMS-System, also einer herkömmlichen Website, die von Remagen selbst mit Inhalten gefüllt werden kann. Dies hat nicht nur den Vorteil, dass der jeweilige Betreiber die Kundeninformationen schnell selbst einpflegen kann, sondern bietet zusätzlich eine übersichtliche Menüführung.

Für den Fall das ein Anwender keinen der ebenfalls kostenfrei verfügbaren QR-Code-Leser auf seinem Endgerät installiert hat, reicht es einmalig www.remagen_2.0.de manuell einzugeben. Über die Menüführung haben die Interessenten den vollen Zugriff auf alle Funktionen und Informationen.

Die Technik
Alle aktuell präsentierten Leuchten werden über frei programmierbare Regelkreise (DMX512-Dimmer) mit Energie versorgt. Die im Fenster befindliche  RGB-LED-Technik (Pixelexplosion) läßt sich direkt via DMX512 steuern, was zusätzliche Regelkreise überflüssig macht.

Für die Erstellung der Farbverläufe und Lichtszenen arbeitet im Inneren des Schaufensters die e:cue Lighting Application Suite (Enterprise-Version), die in dieser Ausstattung auch bereits einen eigenen Webserver beinhaltet. Die DMX-Ausgabe erfolgt über den zum System passenden e:cue butler. Die Benutzeroberfläche (Website) wurde mit der kostenfrei erhältlichen WordPress-Software gestaltet.

Ein letzter, aber nicht zu verachtender Gedanke ging in Richtung der Endgeräte, also die jeweiligen Telefone und Betriebssysteme. Die Anzahl der Menschen, die stolze Besitzer eines iPhones sind ist rasant gewachsen. Kein potentieller Kunde mit einem Smartphone soll die Erfahrung machen, dass ausgerechnet sein Telefon einige Inhalte nicht darstellen kann. Mit Sicht auf die Unstimmigkeiten zwischen einzelnen Herstellern wurde auf den Einsatz von Flash-Inhalten verzichtet.

Text: Kristina Dautzenberg, LightLife Gesellschaft für audiovisuelle Erlebnisse mbH




 
 

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