Auf Anregung des Kunstsammlers und Inhabers von TECNOLUMEN Walter Schnepel nutzten 25 national und international bekannte Künstlerinnen und Künstler die Leuchte als Grundlage für verschiedene künstlerische Überarbeitungen, Ergänzungen, Verfremdungen, Erweiterungen und Uminterpretationen. So entstand seit 1995, also über einen Zeitraum von 20 Jahren, eine überraschende Vielfalt neuer Werke, die jetzt alle in der Weserburg unter dem Motto „Leuchte! Designikone im Licht der Kunst“ der Öffentlichkeit präsentiert werden.
„Glaskuppel, zylindrisches Rohr und kreisrunde Fußplatte – der Erfolg der Wilhelm-Wagenfeld-Tischleuchte, weltweit bekannt als Bauhaus-Leuchte, verdankt sich ihrer klaren, aufs Wesentliche reduzierten Formensprache“, erklärt Ingo Clauß, Kurator am Museum Weserburg, der in Kooperation mit der „Maria und Walter Schnepel Kulturstiftung“ die Ausstellung konzipiert hat. „Wie kaum ein anderes Objekt steht sie für den Übergang zum modernen Industriedesign und ist bis heute ein Inbegriff für gute Gestaltung“, schreibt er im Ausstellungs-Katalog. 1924 von Wilhelm Wagenfeld (1900-1990) entworfen, verkörpert sie idealtypisch den von Bauhaus-Gründer Walter Gropius (1883-1969) propagierten Anspruch einer neuen Einheit von Kunst und Technik. Die Form hatte der Funktion zu folgen. Allerdings war die WA24 – anders als ihr Erscheinungsbild vielleicht vermuten lässt – nie ein seriengefertigtes Industrieprodukt, sondern wird nach wie vor aufwendig und weitgehend in handwerklicher Kleinstarbeit hergestellt.
Kritik am Bauhaus: „Revolution“ blieb aus
Möglicherweise hat diese Tatsache den Künstler Paul Renner dazu inspiriert, im Rahmen des Kunst-Projektes mit wenigen kruden Strichen das Hammer-und-Sichel-Zeichen auf den kugelförmigen Opalglas-Schirm der Leuchte zu malen: ein ironisch bissiger Kommentar an das Bauhaus (1919-1933), das am eigenen Anspruch gescheitert ist, stilvolle und bezahlbare Massenprodukte für das gemeine Volk herzustellen und damit eine Art Revolution auszulösen.
„Das Widerständige, das in Paul Renners Umsetzung inhaltlich wie formal sichtbar wird, ist beispielhaft für einen Großteil der ausgestellten Werke“, so Clauß. „Die Künstlerinnen und Künstler zeigen sich nicht affirmativ und ehrfurchtsvoll, sondern behaupten selbstbewusst ihre künstlerische Eigenart.“
Die Stuttgarter Professorin für Bildhauerei Susanne Windelen etwa nimmt der WA24 mit einer weißen Kunststoff-Spachtelmasse die glatte Oberfläche. Zusätzlich überzog sie die Substanz mit Fluoreszenzfarbe, sodass ein grüner Lichtschein die Leuchte umhüllt, sobald sie ausgeschaltet wird. Das Ergebnis: Sie erstrahlt als eigenständige Skulptur (siehe Titel-Motiv des Ausstellungskatalogs).
Wagenfeld-Leuchte als „Kristallisationspunkt neuer Ideen und Ästhetiken“
„Es geht in dieser Ausstellung darum, mit den Mitteln der Kunst ein herausragendes Designprodukt auf eine andere, traditionsgemäß eher der Kunst vorbehaltene Reflexionsebene ästhetischer Betrachtung zu heben“, erläutert Peter Friese, geschäftsführender Direktor der Weserburg.
Die 25 nationalen und internationalen Künstler malten die Bauhaus-Leuchte an, stellten sie auf den Kopf, tunkten sie in siedendes Öl, verhüllten und verschmierten sie, kombinierten sie mit außergewöhnlichen Materialien und integrierten sie in Bilder und Installationen. Damit ironisieren, individualisieren und stören sie mit ihren Kunstwerken die vermeintlich serielle Perfektion der WA24. „Die zum Klassiker erstarrte Leuchte wird zu einem Kristallisationspunkt neuer Ideen und Ästhetiken. Erleuchtung garantiert!“, verspricht Kurator Ingo Clauß.
Hinweis: Ermöglicht wird die Ausstellung durch die Unterstützung von TECNOLUMEN. Seit 1980 produziert die in Bremen beheimatete Manufaktur die einzige autorisierte Reedition der Wilhelm-Wagenfeld-Tischleuchte. Sie wird nach den Originalangaben in den Maßen und im Material angefertigt. Alle Leuchten tragen das Bauhaus- und TECNOLUMEN-Zeichen und sind fortlaufend nummeriert.
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